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Diese Seite befasst sich mit der Geschichte der Stadt Wesermünde und verschafft so einen Überblick über das Entstehen einer Großstadt an der Unterweser.
Deutschland am Ende des ersten Weltkrieges. Große Teile des Bürgertums empfanden den Zusammenbruch der Monarchie in Deutschland als eine Katastrophe. Viele fortschrittliche Menschen aber sahen in den Umwälzungen eine große Chance erstarrte historische Formen aufzulösen.
An der Unterweser gab es drei voneinander unabhängige Orte. Im Norden der Flecken Lehe, der 1920 die Stadtrechte bekam, im Süden Geestemünde und im Westen Bremerhaven. Lehe und Geestemünde waren preußisch, Bremerhaven war bremisch. Dazu kamen zwei Dörfer: Im Norden Weddewarden und im Süden Wulsdorf.
Auch in den Orten an der Unterweser gab es zahlreiche Widersinnigkeiten, die aus der Entwicklung der einzelnen Kommunen zu erklären sind. Es gab drei städtische Gasanstalten, drei Elektrizitätswerke, drei Wasserwerke, drei Sparkassen, drei Krankenhäuser u.s.w.. In Teilbereichen war es zu Vereinbarungen zwischen den Nachbarorten gekommen. Lehe erhielt als Wohnort für die vielen in Bremerhaven beschäftigten Einwohner einen Zuschuss zu den Schul- und Armenlasten von Bremen. Die neue Bremerhavener Gasanstalt versorgte einen Teil Lehes und an dem neuen Leher Schlachthof war auch Bremerhaven beteiligt. So hat die Dreiteilung, die zwei unterschiedlich strukturierte und verfasste Länder ( Preußen und Bremen ) betraf, die finanzielle, wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung stark behindert. Man sprach scherzhaft vom "Tri-Polis am der Unterweser". Erst die Kriegsverhältnisse hatten zu einer Zusammenfassung von Maßnahmen geführt, die die gesamte Bevölkerung der Unterweserorte betrafen. Das Lebensmittelamt war die erste gemeinsame Behörde an der Unterweser.
Bremerhavens Stadtdirektor Waldemar Becké und der vom Arbeiter- und Soldatenrat gebildete "Ausschuß für Kommunal-Angelegenheiten" hatten im November 1918 gemeinsam das Problem aufgegriffen und die Schaffung einer einheitlichen Unterweserstadt gefordert, um die "für die Arbeiterkreise der Einwohnerschaft fühlbaren Schäden und Mängel, die aus der staatlichen und kommunalen Trennung des Wirtschaftsgebietes am rechten Weserufer herrühren" beheben zu können. Becké forderte "die völlige politische Vereinigung der drei Städte mit ihren unmittelbar angrenzenden Bezirken der Gemeinden Wulsdorf, Schiffdorf, Langen und Imsum". Dazu hatte er eine Denkschrift verfasst, die vom Arbeiter- und Soldatenrat am 6. Januar 1919 der Bremerhavener Stadtverordnetenversammlung vorgelegt und von dieser einstimmig angenommen wurde. Diese Denkschrift wurde allen zuständigen Behörden vorgelegt, dem Senat in Bremen, dem preußischn Staatsministerium und der Reichsregierung und sie fand überall Beachtung.
Im Januar 1919 kam es zu Verhandlungen mit dem Stader Regierungspräsidenten Dr. Grashoff, Bürgermeister Dr. Schönewald aus Lehe und seinem Geestemünder Kollegen - das war seit 1918 Dr. Walter Delius, der frühere Mitarbeiter Beckés. Die Verhandlungen scheiterten. Geestemünde wollte auf keinen Fall bremisch werden, Bremerhaven nicht preußisch. Geestemünde sah Nachteile in der Zusammenlegung mit dem finanzschwachen Lehe, Lehe hingegen stimmte zwar dem Plan einer gemeinsamen Unterweserstadt mit Anschluss an die Freie Hansestadt Bremen zu, wollte aber Garantien für eine besondere Förderung seiner wirtschaftlichen Lage. Die Reichsregierung vertrat die Auffassung, alle Änderungen staatlicher und kommunaler Zuständigkeiten müssen der neu zu wählenden Nationalversammlung vorbehalten bleiben. Damit waren die Vereinigungspläne vorläufig gescheitert.
Am 1. April 1920 wurde Wulsdorf in die Stadt Geestemünde eingemeindet.
Als kleine Lösung beschlossen Lehe und Geestemünde am 10. März 1924 den Zusammenschluss beider Städte zur kreisfreien Stadt Wesermünde. Am 2. Oktober nahm der Preußische Landtag in Berlin das Gesetz über die Vereinigung von Lehe und Geestemünde an. Am 18. Oktober trat dieses in Kraft. Oberbürgermeister wurde Dr. Walter Delius. Ihm gelang es somit, die beiden Städte gegen viele Widerstände zu vereinigen. Wesermünder war nun die größte Stadt des Regierungsbezirks Stade und die drittgrößte Stadt in der Prvinz Hannover. Bremerhaven war nun landseitig vollständig von Wesermünde umgeben, blieb aber aufgrund seiner wirtschaftlichen Bedeutung das Handels-, Geschäfts-, Kultur- und Vergnügungszentrum an der Unterweser. Wesermünde wurde als Gebilde von unmöglicher Gestalt und ohne Mittelpunkt bezeichnet, das aber allen Raum für künftige Entwicklung besitzt. Ein Gebilde aus Schwanz und Kopf ohne Mittelstück.
Am 1. April 1927 wurden als konsequente Entwicklung die Ortschaft Weddewarden, der Güterbahnhof Speckenbüttel und die Ortschaft Schiffdorferdamm in die Stadt Wesermünde eingemeindet. Es wurde angestrebt, auch Bremerhaven in Wesermünde einzugliedern, was aber von Bremer Seite abgelehnt wurde.
Am 26. Mai 1933 wurde Julius Lorenzen im Zuge der nationalsozialistischen Machtübernahme anstelle von Waldemar Becké als Oberbürgermeister von Bremerhaven eingesetzt. Er erzwang seine Wahl mit der Drohung, alle die ihn nicht wählen würden, von der SA in Konzentrationslager sperren zu lassen.
Dr. Delius verstand es, seine Vereinigungspläne von Wesermünde und Bremerhaven auch bei den Nazionalsozialisten in Berlin erfolgreich vorzustellen. Der entscheidende Durchbruch gelang 1936 bei einem Besuch von Hermann Göring an der Unterweser. Delius gelang es, Göring von der Zweckmäßigkeit der Vereinigung zu überzeugen. Auf Bremer Seite stieß das jedoch auf Unwillen. Die Stadt Bremen hatte die Befürchtung, Bremerhaven an Preußen abgeben zu müssen. Am 30. März 1938 wurde das heutige stadtbremische Überseehafengebiet verwaltungsmäßig von der Stadt Bremerhaven abgetrennt und in die Stadtgemeinde Bremen eingegliedert. Das ist bis heute so geblieben. Bremen sicherte sich so seinen Seehafen.
Bremerhaven wurde dann doch in Wesermünde eingemeindet. Die "Vierte Verordnung über den Neuaufbau des Reichs" vom 28. September 1939 setzt die Neuregleung zum 1. November 1939 in Kraft. Oberbürgermeister des vergrößerten Wesermünde wurde Dr. Walter Delius, Wilhelm Richter sein Vertreter und Bürgermeister. Das alte Bremerhaven hieß nun "Wesermünde-Mitte". Das Bremen zustehende Hafengebiet hieß "Bremerhaven". Bremen ließ sich mit der Eingemeindung von acht Preußischen Orten entschädigen. Das waren Lesum, Grohn, Schönebeck, Aumund, Blumenthal, Farge, Hemelingen, Mahndorf, Vegesack, Bühren, Grambkermoor und Lesumbrok. Durch diesen Tausch hatte sich die Fläche der Stadt Bremen mehr als verdoppelt. Der Bevölkerungszuwachs betrug ca. 35000 Einwohner.
Am Ende des zweiten Weltkrieges wurde auch Wesermünde schwer beschädigt. In der Nacht des 18. Septembers 1944 um 22.00 Uhr flogen über 200 britische Bomber einen schweren Luftangriff auf Wesermünde, der sich zu einer ungeheuren Brandkatastrophe entwickelte. 56,5 % der städtischen Bebauung wurde zerstört, die Stadtmitte wurde zu 97 %, der Stadtteil Geestemünde zu 75 % und der Stadtteil Lehe zu 12 % vernichtet. 618 Menschen wurden getötet, 1193 verletzt. 30000 Einwohner waren obdachlos.
Am 7. Mai 1945 besetzten britische Truppen Wesermünde. Am 13. Mai wird die amerikanische Militärregierung höchste vollziehende Gewalt. Bremen, Wesermünde-Bremerhaven, die Landkreise Wesermünde, Osteholz-Scharmbeck und Wesermarsch gehörten zur sogenannten "amerikanischen Enklave". Oberbürgermeister Dr. Delius erfuhr am 11. Mai vom amerikanischen Militärkommandanten Major Davies, er sei als Mitglied der NSDAP in seinem Amt nicht mehr tragbar. Am Tag darauf wurde Delius verhaftet, kam in verschiedene Internierungslager und verstarb am 18. Dezember in einem Krankenhaus an den Folgen der Haft. Als Nachfolger von Delius wurde kommisarisch Wilhelm Richter, der ehemalige Leiter der Verwaltung Wesermündes, eingesetzt. Am 24. Mai 1945 setzen die Amerikaner Dr. Helmuth Koch, den früheren Bremerhavener Amtshauptmann beim Bremischen Amt in Bremerhaven, zum Oberbürgermeister und Gerhard van Heukelum zum Bürgermeister ein. Am 1. Juli 1946 wird van Heukelum Oberbürgermeister der Stadt Wesermünde.
Die staatsrechtliche Situation an der Unterweser war inzwischen recht unübersichtlich geworden. Die Enklave Bremen war amerikanisch, lag aber im britischen Hoheitsgebiet. Wesermünde gehörte zur Provinz Hannover, während der Überseehafen zu Bremen gehörte. Wesermünde wollte anfänglich zum neu zu gründenden Niedersachsen, zu dem auch Bremen gehören sollte. Bremen verteidigte aber seine Eigenständigkeit. Da Wesermünde vom bremischen Überseehafen abhängig war, wollte es schließlich in das neu zu gründende Land Bremen. Nach einer Vereinbarung der britischen und amerikanischen Besatzungsmächte schied zum 31. Dezember 1946 der Stadtkreis Wesermünde aus dem neugebildeten Land Niedersachsen aus.
Die amerikanische Militärregierung erklärte mit der Deklaration Nr.3 zum 1. Januar 1947 das Verwaltungsgebiet Bremen und die Stadt Wesermünde zum selbstständigen Land Bremen. Als Folge der Gründung des Landes Bremen beschloss die Stadtvertretung einstimmig der Stadt Wesermünde den Namen Bremerhaven zu geben. Dies geschah ohne jeden Druck von außen. Der neue Name ist seit dem 10. März 1947 gültig. Am 28. Mai 1947 wurde beschlossen der Stadt ein neues Wappen zu geben, eine neue Stadtverfassung wurde am 28. Juli 1947 beschlossen. Wesermünde fand ein Ende, das neue Bremerhaven war geboren.
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Wirtschaft
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Die wirtschaftlichen Schwerpunkte Wesermündes lagen auf dem Gebiet der Schiffahrt, des Schiffbaus und insbesondere der Hochseefischerei. Wesermünde hatte den größten Fischereihafen des Festlandes.
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Bevölkerungsentwicklung
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1. 4. 1925 | 72065 |
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Die Entwicklung der Stadt Wesermünde Im Bild
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1920 | 1924 | 1927 | 1938 | 1939 | 1947 |
Die Bürgermeister
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Dr. Walter Delius
| Dr. Karl Schönewald | Waldemar Becké . | Julius Lorenzen . | Wilhelm Richter . | Dr. Helmuth Koch 1889 – 1963 . | Gerhard van Heukelum |
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Galerie
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(*1) zum Teil wörtlich zitiert aus "Bremerhaven in zwei Jahrhunderten, 1919-1947, Band 2" von Renate Gabke, Herbert Körtge, Manfred Ernst , und "Die jüngere Geschichte der Stadt Bremerhaven" von Burchard Scheper
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Siehe auch www.Lehe.de
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Wilfried Heinken, Wesermünde, Dezember 2015